Auf dem Land ist die Welt noch in Ordnung ... ist sie das wirklich?

Lange habe ich ja in der Wohlfühlblase gelebt, dass auf dem Land noch alles in Ordnung ist. Schuld am Klimawandel und überhaupt an vielen sozialen Problemen waren doch nicht wir in Ostfriesland oder sonstwo auf dem Lande. Wir waren immer die Guten, wo das Leben im Einklang mit der Natur noch funktionierte. 

Doch mittlerweile glaube ich, oder besser gesagt, ich befürchte fast, dass die Menschen in Großstädten die Umwelt weniger ruinieren als wir Menschen auf dem Land.

Wieso sag ich so etwas hässliches? Solche Dinge, die in der Seele jedes Landeis wehtun? Ganz einfach. Da fahre ich heute so mit dem Fahrrad zum Krimihaus und sehe fröhlich Rasen mähende Menschen. Rasen mähen ist was fürs Herz, fürs eigene Wohlbefinden. Danach sieht immer alles so schön gepflegt aus rund ums Haus wie auch bei den anderen Nachbarn. Aber ist es wirklich in Ordnung, wenn von einem Grundstück zwischen eintausend und zweitausend Quadratmetern wirklich über 80 % aus Rasenfläche besteht, die ständig rasiert wird? Wo wirklich kein so tapferer Löwenzahn oder Klee eine Chance hat, das Licht der Welt zu erblicken? Einige greifen als Steigerungsform im Herbst auch gerne zu nervtötend sirrenden Laubsaugern, um Blätter zu vertreiben. Die Grundlage für vieles Kleingetier, das wahrscheinlich gleich mit getötet wird. Die Menschen auf dem Land, sie wollen es sauber haben. Im Haus und draußen erst recht. 

Bei uns in Ostfriesland leben alle gerne auf dem Land, am besten noch im Eigenheim. Das ist kein verwerflicher Wunsch. Allerdings wird so natürlich auch viel Natur vernichtet, wenn die meisten wie oben beschrieben mit ihrem Grundbesitz verfahren. Da wird Natur im wahrsten Sinne des Wortes abgetötet, denn viele greifen auch zu Giften, um ihre Gehwege und Auffahrten vom Grün zu befreien, damit es sauber aussieht.

Kommen wir nun zur Mobilität. Wenn man da den Stadtmenschen mit dem Landei vergleicht, na, wer fährt da wohl mehr mit dem eigenen Auto? Okay, auf dem Land, da muss man immer ins Auto steigen, wenn man irgendwo hinwill. Einkaufen, Arzttermine und die Arbeit sowieso. Es ist nicht unsere Schuld, dass wir weite Strecken fahren müssen. Aber müssen wir wirklich andauernd shoppen fahren? Reicht es nicht, einmal die Woche einen Großeinkauf zu machen? Und wenn man sich die Parkplätze bei den Einkaufszentren ansieht, die sind immer voll. Und dann wird auch noch sonntags geöffnet, damit wieder alle losdüsen. Der Stadtmensch hingegen erledigt vieles mit dem Rad oder zu Fuß. Und dann hat er natürlich Bus und Straßenbahn. Ein eigenes Auto ist in Großstädten oft sogar lästig. Wo soll man denn auch parken?

Also, so langsam bin ich mir ziemlich sicher, dass der Landmensch eher das Problem für unsere Natur ist. Allein, wenn man sich dann noch die industrielle Landwirtschaft mit der Massentierhaltung ansieht. Ich sage nur Gülle, die ständig auf die Wiesen gekippt wird. Und die Tiere, die nie nach draußen kommen. Es fällt mir schwer, in der Natur, wo ich wohne, überhaupt noch spazieren zu gehen, wenn ich an den Ställen mit diesen armen Kreaturen vorbeilaufen muss. 

Also nochmal zum Ausgangspunkt: Warum können Grundbesitzer auf dem Land nicht einfach mal der Natur etwas mehr Raum geben? Da ginge es doch auch den vielen Wildbienen besser. Wenn man einfach mal alles wachsen lassen würde. Echt, davon geht die Welt nicht unter. Ich habe es diesen Sommer ausprobiert. Es wurde kein Rasen gemäht. Das hatte bei der Hitze sogar den Vorteil, dass bei mir ums Haus alles grün war und keine verbrannte Erde. Und er ist auch nicht in den Himmel gewachsen, da kann ich alle beruhigen. Aber es haben sich zahlreiche Wildblumen angesiedelt und die Tiere bei mir haben ein echt duftes Leben.

 

Eure Moa Graven